Habits
Gewohnheiten können der Schlüssel zu unserem persönlichen Erfolg oder Misserfolg sein. Sie definieren schließlich, was wir den ganzen Tag über machen oder eben nicht machen. Willenskraft wird dabei oft als limitierender Faktor aufgeführt. Ist dem aber wirklich so?
Ein großes Studienprojekt aus den 1960-1980er Jahren bestätigte das bislang: die Marshmallow-Studie. So dachte man bis heute, denn bei genauer Betrachtung, tat sich Erstaunliches auf aber dazu später mehr.
Die Studie war so aufgebaut, dass Kinder im Alter von 4 Jahren in einem Raum saßen und einen Marshmallow vor sich hatten, den sie essen durften aber wenn sie diesen 10 Minuten lang nicht aßen, bekämen sie einen zweiten dazu. Die Kinder wurden im Follow-Up zwei Gruppen zugewiesen. Die, die den Marshmallow nicht aßen und jene die den zweiten bekommen haben, also dem Drang den ersten zu essen widerstehen konnten. Michelin verfasste aufgrund des großen Erfolgs und Zuspruchs seiner Studie 2014 ein Buch über die Ergebnisse, die schlichtweg erstaunlich waren. Nie zuvor gab es etwas, dass die Zukunft von Menschen so gut vorhersagen konnte, wie diese Studie.
Die Kinder, die den Marshmallow nicht aßen, waren erfolgreicher, weniger kriminell und sozial höher gestellt als ihre Studienteilnehmer, welche nicht widerstanden hatten. Klarer Fall von angeborener Willenskraft, war die Aussage. Entweder jemand ist mit ihr geboren oder eben nicht. Kann man nichts machen, Glück gehabt oder Pech gehabt.
Wenn es so wäre, könnten wir hier aufhören und einen Haken an die Sache machen. Es gibt aber noch eine Möglichkeit. Bei genauerer Betrachtung stellte sich nämlich heraus, dass die Kinder, die dem Marshmallow widerstehen konnten, sich von dem Objekt der Begierde abgewandt hatten oder sich die Augen zuhielten.
Die Schlussfolgerung (über die heute noch heftig gestritten wird) ist, dass die Kinder sich weniger der Versuchung ausgesetzt hatten und so mussten sie, die Willenskraft, die sie hatten weniger nutzen. Aus den Augen aus dem Sinn!
Für uns heißt das ganz klar, Ablenkung reduzieren um die Ressourcen die wir haben besser nutzen zu können. Noch schnell die Mails checken, die WhatsApp Nachricht lesen, wer hat denn da gerade was bei Insta gepostet und was kommt heute Abend noch mal bei Netflix für eine neue Serie raus. Oh, der Tag ist um und ich habe noch keinen Sport gemacht, den Blog den ich seit Jahren schreiben will immer noch nicht angefangen und die Wäsche ist auch noch nicht gemacht.
Dieser Kreislauf kann nicht nur zu starken negativen Gefühlen wie Scham und einer negativen Selbstachtung führen. Schlimmer noch, er kann sogar süchtig machen. Dopamin unser „Motivationshormon“ spielt dabei die entscheidende Rolle.
Unser Gehirn mag Glückshormone und zwar sehr. Und zwar so sehr, dass es unter gewissen Umständen bereit ist, den Körper dafür zu opfern. Übersetzte heißt das: Wir essen so lange Kekse bis wir Diabetes haben, Masturbieren so lange bis alle Romantik aus uns geflossen ist und haben nur „Freunde“ die Sheldon Cooper oder Allan Harper heißen. Wir werden süchtig von Dingen, die unserem Gehirn einen Kick verpassen und verpassen dabei alles Echte und Gute in unserem richtigen Leben. Versteht mich nicht falsch, ich war dort. Im Sumpf der Onlinerollenspiele. World of Warcraft. Vielen Eltern läuft allein bei der Erwähnung dieses Titels schon ein kalter Schauer über den Rücken und sehen ihre Kids vor sich, nachts um 2 Uhr vor dem Rechner, vollkommen versunken in einer Scheinwelt, die sie in einen Bann zieht unter dem die Schule und das Studium leiden. Was aber ist der Reiz von all dem. Warum kann uns eine Serie, ein Spiel und oder eine Substanz so sehr in ihren Bann ziehen?
Unser lustvolles Gehirn ist Schuld daran. Ohne Motivation, gäbe es all das nicht. Unser Gehirn strebt permanent nach Belohnung. Wir haben uns so weit entwickelt, dass die Belohnungen aber nur noch einen Mausklick entfernt sind und sich nicht mehr hinter harter körperlicher Arbeit verstecken kann. Genau da aber scheint das Problem zu liegen. In unserer Entwicklung mussten wir uns jede Belohnung, jeden Kick körperlich erarbeiten. Du willst süße Früchte essen? Geh und hol sie dir aber lass dich nicht von Löwen und Bären auf dem 20 km Marsch fressen. Du willst Sex? Gut sei der stärkste oder geschickteste Jäger im Dorf und die Schönheiten liegen dir zu Füßen. Der Weg zu einem Hoch zu einem Kick war weit und hart und unsere Körper haben sich daran angepasst für ihn arbeiten zu müssen. Er hat gelernt sich für Belohnungen Mühe geben zu müssen. Unsere Rezeptoren im Körper (der Teil an dem die Hormone und andere Botenstoffe andocken um ihre Wirkung zu entfalten) unterliegen einem diminishing return, ein Selbstschutz vor Überlastung. Umso mehr Hormone der Körper produziert, umso weniger sensibel wird der Rezeptor. Mehr Hormone weniger Stimuli. Diesem System des Selbstschutzes unterliegen nahezu alle Hormone des Körpers, wie auch Insulin, Cortisol, Adrenalin und Co..
Und jetzt kommt der große Knackpunkt, der Wendepunkt, die Pointe, das Finale! Wenn wir jetzt keine Pause einlegen, sondern den Reiz weiter erhöhen, den Stimuli weiter ausreizen, können wir in die Sucht abrutschen und nichts wird uns heute leichter gemacht als das. Genau genommen wird es sogar industriell gefördert, große Lebensmittelkonzerne und Techfirmen, machen sich genau diesen Mechanismus zu nutze. Ich bin nämlich nicht der Einzige der diesen Mechanismus kennt, ganz im Gegenteil. Psychologen aus Industrie und Wirtschaft sollen sich jetzt bloß nicht angesprochen fühlen…
Unser Gehirn will mehr aber weder unser Gehirn noch unser Körper, kann mit dem Mehr umgehen. Vor allem dann nicht, wenn keine körperliche Arbeit involviert ist.
Das kann schwere Kost für viele sein. Keiner will süchtig sein, denn Süchtige sind schwach und selbst Schuld, genau das ist es was wir glauben sollen. Es hat aber wenig damit zu tun und viel mehr mit Strategie und gelerntem Verhalten. Natürlich spielt auch hier die Genetik eine Rolle aber der Artikel beschäftigt sich nicht mit Ausreden sondern mit Lösungen!
Es ist zwar ein natürlicher Prozess und hat wenig mit Charakterschwäche zu tun! Was aber nicht heißt, dass der Weg raus aus den schlechten Gewohnheiten einfach wäre. Oh nein, ganz im Gegenteil. Es ist wahrscheinlicher, dass es das härteste sein wird, was wir uns je in unserem Leben zumuten werden. Ich spreche da aus Erfahrung.
Unsere „Dämonen“ kennen all unsere Ängste, die uns schwächen und nutzen diese gnadenlos aus! In meinen Augen ist es daher notwendig, sich seinen Ängsten zu stellen, um einen echten Lebenswandel zu vollführen, sonst rutschen wir immer und immer wieder in die schlechten, süchtig machenden Gewohnheiten zurück bis der gesundheitliche Hammer fällt und es kein zurück mehr gibt.
Also bevor ihr versucht eure Gewicht zu reduzieren, fragt euch wofür ihr den Panzer braucht. Bevor ihr die Onlinesucht an den Nagel hängt fragt euch, wovor laufe ich im echten Leben weg. Erkenntnis steht vor jedem echten Wandel. Erkennt die Ursache und erkennt damit die Lösung, auch wenn sie euch nicht gefällt, das Ergebnis ist i.d.R. Freiheit und die ist es wert!
Dies soll keine psychologische Beratung sein und um Gotteswillen kein Ersatz für einen echten Therapeuten, ganz im Gegenteil. Seht es als Motivation an die echten tieferen Probleme, die verhindern, dass wir unser Potential entfalten, anzugehen.
Ich konnte meine schlechten Gewohnheiten erst ablegen, als ich mich von meiner Zuckersucht befreit habe. Und glaubt mir wenn ich sage, es ist und war hart! Sehr hart, der Körperliche Entzug hat mich an die Grenze meiner Belastbarkeit gebracht. Fieber, Schüttelfrost, Kopfschmerzen, Durchfall und Verstopfung. Ein Gefühl als ob ich an Unterzuckerung sterben würde. Der Phönix aus der Asche. Nach 6 Wochen war es als ob ich aus einem Nebel ausgetreten wäre. Ein Nebel der mich schon so viele Jahre umgeben hat, dass ich nicht mal mehr merkte, dass ich in ihm gefangen war. Meine Gedanken waren klar, ich schlief wie ein Baby und hatte Energie für zwei! Es fing an das Leben zu werden, wie ich es mir immer vorgestellt hatte. Früh aufstehen Sport treiben, meinen Blog ins Leben rufen und endlich wieder gut schlafen. Ich habe so lange unter Schlafstörungen gelitten, dass ich müde und abgeschlagen schon als normal akzeptiert hatte. Ich war schließlich keine 20 mehr. Von wegen, ich bin heute fitter als ich es mit 20 war und sehr viel produktiver.
Als stolzes Mitglied im 5 a.m Club, stehe ich gerne früh auf und beginne meinen Tag mit Sport oder dehnen, danach ein paar Zeilen für den Blog, um dann in der Praxis durchzustarten.
Meine Ängste sind nach dem Zuckerentzug so klein geworden, dass ich mich ihnen ganz stellen konnte. Verlustängste, alles persönlich nehmen, pfff. Schnee von Gestern!
Wenn wir wissen, welche Ängste uns blockieren und wir es schaffen sie zu lösen, bin ich fest davon überzeugt, dass wir dann auch unsere Gewohnheiten so ändern können, sodass sich unser wahres Potential entfalten kann. Wir gestalten unser Leben, so wie wir es uns immer vorgestellt haben. Du entscheidest, frei und im Einklang mit dir, ohne Ängste und Süchte!
Habits